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- Review vom 11. Januar 2004 -

Titel: Joysticks - Eine illustrierte Geschichte der Game-Controller 1972-2004
Autor: Winnie Forster (Hrsg.), Stephan Freundorfer
Vertrieb: TAKE2interactive
Erscheinungsdatum: Dezember 2003
Umfang: 144 Seiten
Preis: 17,80 EUR

Nun ist es also soweit, das zweite Buch vom Ex-Powerplay und Videogames-Redakteur Winnie Forster im Rahmen der von ihm gegründeten GAMEplan-Reihe ist erschienen. Nachdem sich die erste Ausgabe "Spielkonsolen und Heimcomputer" (Review) mit den historischen und aktuellen Konsolen und Computern selbst beschäftigt, behandelt Joysticks nun ein spezielleres Thema: Über 100 verschiedene Game-Controller werden auf den 144 Seiten vorgestellt.

Dieses Mal fungiert Winnie Forster als Herausgeber, zweiter Autor ist Stephan Freundorfer. Aber auch einige weitere Personen haben am Buch mitgearbeitet, die Bekanntesten unter ihnen sind Martin Gaksch (Powerplay und Videogames) und Michael Paul (Videogames).

Als erstes habe ich mich gefragt: Ein Buch ausschließlich über Game-Controller? Und das soll interessant sein?
Tatsache ist: Die Zielgruppe dürfte wesentlich kleiner sein als bei einem allgemeineren Thema. Aber das ist natürlich keine Aussage über die Qualität des Buches, also bitte weiterlesen :-)

Der Untertitel des Buches deutet es bereits an: Es handelt sich hierbei nicht um ein Werk mit ausführlichen, seitenlangen Texten und Stories über Game-Controller. Vielmehr bietet sich dem Leser eine umfangreiche Auflistung der wichtigsten und auffälligsten Contoller der letzten 30 Jahre inklusive hochwertiger, teilweise über eine halbe Seite große Fotos der Geräte. Und das kommt an - es macht großen Spaß, Sticks und Pads der persönlichen Spieler-Vergangenheit angemessen wiederzusehen.

Die Fotos und Texte werden ergänzt durch vereinzelte schematische Schwarz-Weiss-Zeichnungen, die z.B. den Aufbau eines Geräts oder die Benutzung verdeutlichen. Auch einige markante Sprites aus entsprechenden Spielen verschönern das Layout - Bomberman-Figuren bei einem PC-Engine-Controller oder Kämpfer-Sprites bei Fighting-Boards, sehr nett. Spezialversionen eines Gerätes werden oft mit kleineren, zusätzlichen Fotos dargestellt.

Das Buch ist in fünf Bereiche eingeteilt:
  "Die Uhrzeit - Zwischen Labor und Rummelplatz" (Beispiel: Atari VCS Stick)
  "Die 9Pin-Ära - Goldenes Zeitalter der Kompatibilität" (Beispiel: Competition Pro)
  "Joypad Offensive - Nintendo und die Folgen" (Beispiel: SuperNES Controller)
  "Einsame Originale - Präzision, Komplexität & Experimente" (Beispiel: Hudson sbom Joycard)
  "Die Moderne - Anything goes" (Beispiel: Samba de Amigo Maracas)

Jeder Contoller wird nach 24 Kriterien (!) untersucht. Dabei geht es um die Art der Steuerung, die Anzahl und Art der Feuerknöpfe, Anschlussart usw. Die Kriterien werden zusammenfassend am Ende jedes Textes grafisch dargestellt, zusammen mit einer 0-5 Sterne-Gesamtbewertung und einem kurzen Fazit (z.B. "Trotz weniger Funktionen jahrelang der beste Joystick" beim Competition Pro). Auch Angaben über das Gewicht und die Kabellänge werden bei jedem Gerät geliefert. Preisangaben findet mal leider nur vereinzelt innerhalb des Textes.

Nun aber mal zum eigentlichen Inhalt. Ich selber habe keinesfalls alle möglichen Spielekonsolen der letzten 30 Jahre besessen, bilde mir aber ein, recht viele Controller zu kennen. Und so ist es dann auch: viele beliebte, kultige Sticks und Pads kommen dem Leser bekannt vor, aber auch sehr viele entlocken einem ein recht großes Erstaunen. Wer wußte z.B., dass es spezielle NES-Controller für Arkanoid oder eine Heim-Version des Track&Field Kontollpads für "Decathlon-mäßige" Spiele (schön "rütteln" bzw. hier Knöpfe drücken) gab? Auch das SNES-Pad, dessen Bedienelemente absolut genauso aussieht wie ein Gameboy (!), war für mich neu. Eher langweilig empfand ich die ersten Controller für (MS-DOS- bzw. Windows-) PCs: Ein Microsoft Sidewinder oder eine optische IntelliMaus sind nun wirklich nichs Besonderes, werden hier aber natürlich trotzdem aufgeführt.

Die langfristige Betrachtung der "Controller-Evolution" hat etwas für sich: Man erkennt, welche Ideen wegweisend waren und welche Erfindungen nur kurz auf dem Markt überlebten. Neben der aufwendigen Arbeit hinter den Fotos und Daten liegt der hohe Wert des Buches in dieser übergreifenden, umfassenden Betrachtung der Controller-Welt. Nintendo zeigt sich wieder einmal als innovativ, Atari & Co haben die Grundlagen gelegt. Aber auch viele kleine, unbekannte Geräte dürften die meisten Leser in Verstaunen versetzen. Daher werden hier auch nicht alle Kuriositäten verraten :-)

Das einzige Gerät, dass die "Höchst-Wertung" (5 von 5 Sterne in gelb) bekommen hat, ist übrigens das legendäre SNES-Joypad von Nintendo. Und das meiner Meinung nach nicht zu Unrecht: meine Pads dürften schon einige hundert Spielstunden Super Mario Kart hinter sich haben und sind an Präzision und Ergonomie kaum zu überbieten...

Der abschließende Index listet auf acht Seiten in umfangreichen Tabellen noch einmal alle behandelten Geräte (und noch einige mehr) mit allen Fähigkeiten und Features auf. Leider gibt es keinen "Einkaufsführer" wie beim ersten GAMEplan-Buch: Über den (Sammler-)Wert der meisten Geräte kann man daher leider nur spekulieren oder selbst auf die Suche gehen. Als Quellen dienten übrigens unter Anderem Powerplay-Ausgaben von 1988 bis 1992 und Happy Computer Ausgabe(n) von 1986.

Fazit

Wieder einmal deckt Winnie Forster eine Lücke in der deutschsprachigen Literatur ab: Solide Recherchen und ein sehr ansprechendes Layout machen "Joysticks" zu einem sehr interessanten, vorzeigbaren Buch, das auch erfahrene Zocker bestimmt noch überraschen kann. Ein Überblick, den sich ambizionierte, erfahrene Zocker der letzten Jahre nicht entgehen lassen sollten!


Ihr könnt das Buch hier bei Amazon bestellen.

Review von gene@kultpower.






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